Öffentliche Erklärung zur Provokation der Tageszeitung „Junge Welt“
Aufrufe die zum Boykott bestimmter Produkte auffordern bekommen heute eigentlich kaum noch meine direkte politische Unterstützung. Ich überlege meistens tausendfach was genau solche Aufrufe bringen, wem sie nützen und was vor allem am Schluss dabei rauskommt. Auch melde ich mich als Vorsitzender des Landesausschuss der Partei die LINKE in Thüringen so gut wie nie öffentlich zu Wort, sondern versuche eher parteiintern zu wirken und Debatten und Diskurse anzustoßen und zu führen. Nur dieses Mal kann ich genau diese Zurückhaltung nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren. Über die Medien ist hinlänglich bekannt beworden, dass die so genannte linke Tageszeitung Junge Welt am 13. August 2011 eine durch nichts zu rechtfertigende Provokation losgetreten hat, in dem sie sich faktisch für den Bau jener Mauer bedankte hinter der Menschen eingesperrt waren und deren Überwindungsversuch oft auch mit dem Tod endete. Ich habe die „Junge Welt“ eine ganze Weile gelesen und auch vor Jahren darin mal einen Artikel über „christliche Gewerkschaften“ veröffentlicht. Hin und wieder bekomme ich aus linken Gewerkschaftskreisen interessante Artikel zugesandt, welche in der JW veröffentlicht wurden. Genau aus diesen genannten Gründen habe ich überlegt wie ich mit der jetzigen Situation umgehen soll. Unterstütze ich den Aufruf „Freiheit und Sozialismus“ der zum quasi Boykott der JW aufruft? Diese Frage beschäftigte mich jetzt ein paar Tage und ich fand auch keine Ruhe. Das Ergebnis meiner Unruhe findet sich in diesem Schreiben, welches ich auch den Akteuren des Aufrufs zukommen lassen werde.
Das Ergebnis ist eindeutig. Ich unterstütze den Aufruf und fordere den Parteivorstand aber auch alle Genoss_innen auf, nicht nur kurzfristig zu reagieren sondern die Debatte ehrlichen Herzens zu führen. Wer der Meinung ist, sich zu Ehren von Toten vor allem aus der eigenen Geschichte nicht von den Plätzen zu erheben, der sollte meines Erachtens nach seine Mitgliedschaft in unserer Partei überdenken. Denn unsere Partei, die Partei in der ich als linker Gewerkschafter wirke, diese Partei ist eine Partei deren Mitglieder Respekt vor dem Leben haben und immer wieder den Finger in die Wunde legen, wenn Menschenrechte verletzt und die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Deshalb bin ich Mitglied dieser Partei geworden.
Es geht am Ende nicht um die Junge Welt und ihr schändliches Titelbild vom 13. August 2011 sondern um die Frage Wer wir sind, Wohin wir wollen und vor allem Wie wir mit unserer Geschichte umgehen.
Meinungen, Kritik und Anregungen bitte an SandroWitt@gmx.net