Schaut man auf die letzte Woche in Thüringen zurück gab es für politisch Interessierte und vor allem für Politiker_innen ein wichtiges Thema. Der Bildungsstreik der Studierenden. Es gab Demonstrationen, Besetzungen von Hörsälen, Podiumsdiskussionen und jede Menge Medienberichterstattung. Neben den vielen positiven Erfahrungen welche die Studierenden gemeinsam und solidarisch machen konnten, gab es aber auch überzogene Polizeieinsätze gegen friedliche Studierende beispielsweise in Jena. Politisch war diese Woche für die Studierenden sehr erfolgreich. Die Medien nahmen sich ihren Themen an. Alle Fraktionen im Thüringer Landtag befassten sich mit den Forderungen des Bildungsstreiks und entsendeten Vertreter_innen ihrer Parteien in die besetzten Hörsäle. Wer sich erhofft hatte, eine Antwort auf die drängenden Fragen im Hochschulbereich zu bekommen, wurde meist von den Politiker_innen enttäuscht. Einzige belastbare Zusage dieser Woche war die Wiederholung der Aussage des Koalitionsvertrages, doch den Verwaltungskostenbeitrag ab dem nächsten Semester wieder abzuschaffen. Der Thüringer Kultusminister Christoph Matschie verriet währenddessen aber nicht, dass eben noch Langzeitstudiengebühren und Rentnerstudiengebühren in Thüringen erhoben werden. Das interessanteste Ergebnis der gesamten Streikwoche war und ist die Zusage eines Hochschulgipfels unter Einbeziehung aller relevanten Akteure Anfang nächsten Jahres. Die Studierendenvertretungen und ihre Studierenden tun gut daran, sich auf diesen Gipfel gut vorzubereiten und dort ihre Positionen klar und deutlich zu vertreten. Engagierte Mitstreiter_innen von politischen Organisationen wissen sie durch ihre vielfältigen Aktionen der letzten Woche an ihrer Seite.
Die Besetzung des Audimax der Universität in Erfurt wird am heutigen Abend um 23 Uhr freiwillig beendet. Der Stura informiert über die Erfolge der letzten Woche und bittet die Studierenden weiter am Thema dran zu bleiben und vor allem am Dienstag nach Leipzig zu fahren, wo eine Demo gegen die Hochschulrektorenkonferenz stattfindet, welche zu Recht in den Augen der Studierenden nicht den Vertretungsanspruch der Studierendeninteressen erheben darf.
Neben dem Freiraum Hochschule wurde in Erfurt Ende der letzten Woche eine andere Art des Freiraumes wieder einmal brutal durch die Polizei geräumt. Die gleichen Medien welche den Bildungsstreik noch so konstruktiv begleitet haben, sprechen jetzt wieder von Hausbesetzer_innen und veröffentlichen munter Fotos von der Räumungsaktion, anstatt auch hier über die Ziele der Hausbesetzung zu informieren, geht es doch schließlich um alternative Freiräume für Andersdenkende und Unangepasste. Das nenne ich persönlich mal „Messen mit Zweierlei Maß“. Geräumt wurde ein durch alternative Menschen schon im August besetztes, leer stehendes, ehemaliges Keglerheim in Erfurt, welches seit August von den so genannten „Besetzer_innen“ in Eigenleistung wieder bewohnbar gemacht wurde. Nach dem nun am 16. April diesen Jahres das Besetzte Haus auf dem Topf und Söhne Gelände mit einem „militärähnlichen Einsatz“ geräumt wurde, hatten die durch diese Räumung obdachlos gewordenen Menschen einen neuen Freiraum für sich entdeckt und diesen bewohnbar gemacht und wurden nach dem sie eigenständig ihre Besetzung öffentlich machen unmittelbar durch die Polizei geräumt, nach dem der Besitzer des Hauses anfänglich verhandelt hatte. Ich sehe nunmehr die Stadt Erfurt in der Pflicht weiterhin eine gemeinsame Lösung anzustreben und den ehemaligen Bewohner_innen der besetzten Häuser ein Angebot zu machen bzw. mit dem Besitzer des alten Keglerheims zu sprechen. Wird das alte Keglerheim benötigt? Steht es sinnlos leer? Besteht die Möglichkeit etwas Neues entstehen zu lassen? Diese Fragen sind zu klären. Sollte das Haus sinnlos leer stehen bestände doch theoretisch die Möglichkeit, die Menschen dort wohnen zu lassen. Es muss nur gewollt sein. Den Willen auch andere, alternative Lebensweisen in Erfurt zu akzeptieren kann ich beim besten Willen gerade nicht erkennen. Das Verjagen von Andersdenkenden und Andersseienden aus der Stadt Erfurt muss ein Ende haben und die Menschen welche „anders“ leben wollen brauchen ein Domizil wo sie dieses können. Wieso akzeptieren wir die Forderungen des Bildungsstreiks und nach einem Freiraum Hochschule wenn wir auf der anderen Seite generell Freiräume nicht akzeptieren. WIR BLEIBEN ALLE schallte es vor einigen Monaten auf den Großdemos durch Erfurt. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Bleiben auch endlich Wirklichkeit werden kann und vielleicht die Printmedien nicht nur Fotos von Polizist_innen die Demonstrierende wegtragen zeigen sondern die Weggetragenen fragen, wieso sie sich überhaupt dorthin gesetzt haben. Über die Antwort wären viele erstaunt und hätten sicher plötzlich ein anderes Bild vor Augen. WIR BLEIBEN ALLE heißt der Traum. Lassen wir den Traum gemeinsam wahr werden….