Die Redner*innen wollen den Umsturz. Aber das angereiste „Volk“ klatscht nur Beifall.

23. Januar 2021

Heute fand mal wieder eine Demonstration der Corona Leugner auf dem Erfurter Domplatz statt. Da ich keine Lust mehr habe mir nur erzählen zu lassen, was auf diesen Demos genau passiert, habe ich mich entschieden mir das Geschehen heute mal, mit Sicherheitsabstand aber doch persönlich und direkt anzuschauen. Ein Redner aus dem Landtag von Baden Württemberg eröffnet die Kundgebung mit den Worten: „Liebe Ossis, schön das ihr da seid“…. Lassen wir das mal so stehen, aber lassen wir uns das auch mal durch den Kopf gehen. Der Beifall für diese Begrüßung jedenfalls war sehr laut.

Über die Zusammensetzung der Demonstration selbst gibt es nicht so viel zu sagen. Sarkastisch formuliert und das bitte ich zu verzeihen, war es die übliche Zusammensetzung. Wie bereits bei den AfD Nazidemos die ja immer wieder in Thüringen stattfinden. Neonazigruppen gemeinsam mit Menschen mittleren Alters mit Kerzen in der Hand. Aus Sachsen, Sachsen Anhalt, Bayern, Baden Württemberg und eben auch Thüringen. Meine Wahrnehmung anhand von Autokennzeichen und Gesprächen die Mensch ja mit hören kann.

Was waren die Themen und Inhalte der Redner*innen?

Der Hauptredner aus Baden Württemberg, Dr. Fiechtner, der über CDU und dann FDP Mitgliedschaft, später zur AfD kam und auch dort nicht mehr mitmachen darf, meldete bereits in Baden Württemberg seit Mai einige Demos an, die aber eher spärlich besucht waren. Seine Landtagsarbeit hatte übrigens auch einige Höhepunkte. 2 mal wurde er bereits ausgeschlossen und musste mit Hilfe der Polizei aus dem Landtagsplenum entfernt werden. Aber darum gehts ja hier nicht. Was hat er also gesagt? Zusammengefasst bezeichnete er Bodo Ramelow und die Regierung als „NeonaziKommunisten“ und etwas später ging es darum, dass es in Thüringen aber auch überall keine legitimen Regierungen mehr gibt. Und sowieso wäre ja klar, das Merkel weg müsse und auch Laschet jetzt weg muss und eigentlich müssen ja alle weg. Die Demonstrierenden machten das, was sie immer tun. Sie rufen dann „Wir sind das Volk“ und „Merkel muss weg“. Für mehr reicht es scheinbar auch nicht. Und Laschet muss weg, ist wahrscheinlich noch zu sperrig.

Und dann legte der Dr. Fiechtner noch mal richtig los und zeigt, warum er eigentlich heute da ist. Er appelliert u.a. an die Polizei, sich für die richtige Seite zu entscheiden…

Er ruft dazu auf, die Maßnahmen einzustellen. Die Masken, die ja heute als Symbol der Unterdrückung getragen werden müssen, endlich abzulegen, die Abstände sein zu lassen und auch sonst gibts ja keine Pandemie. Alles nur Unterdrückung der Herrschenden. Ein „Highlight“ der Rede und als Zitat: „Die Maske ist der neue Hitlergruß.“ An die Polizei gerichtet ruft er: „Ihr hattet mal stolze Führer und morgen würdet ihr sogar für Gollum arbeiten. Auf welcher Seite steht ihr eigentlich? Dann ruft er noch ein paar abwertende, markige Sprüche über Clanfamilien die es eigentlich zu bekämpfen gilt und schon ist die rassistische Seele der Anwesenden angeheizt. Es wird laut und die ersten organisierten Neonazi Claqueure zwischen den Reihen rufen Widerstand, Widerstand und der Rest klatscht eben erstmal nur Applaus.

Die zweite Rednerin ist eine Homöopathin aus Niedersachsen. Sie weint um die Kinder, die unter den Masken ersticken und weil sie verfolgt wird, von diesem bösen Staat, der sie anklagt weil sie Atteste ausgestellt hat, die vom Maske tragen befreien. Darüber redet sie mehr als 20 Minuten. Immer wieder. Mehr nicht.

Was außerdem noch über diese Kundgebung zu sagen ist.

1. Dr. Fiechtner aus Baden Württemberg ist nach eigenem Bekunden auf Bitte von Bernd Höcke als Redner nach Erfurt gekommen.

2. Die Ordnerstruktur der Kundgebung wurde von bekannten Thüringer Neonazis gestellt, die teilweise recht gelangweilt und gefrustet aussahen. Wahrscheinlich weil immer nur in die Hände geklatscht wurde.

3. Als Dr. Fiechtner aus Baden Württemberg über die Maske als neuen Hitlergruß sprach, hob er auch seinen rechten Arm symbolisch und meinte aber dazu, dass dann sein Pullover am Arm runter rutscht.

4. Das Wort Heimat und Vaterland war omnipräsent. Gesungen wurde auch. Das Vaterlandslied. „Der Gott der Eisen wachsen ließ, wollte keine Knechte“. Das stand auch immer auf den Transparenten des „Thüringer Heimatschutz“ aus dem später das NSU Trio hervorging. Deshalb erwähne ich es. Nicht als Randnotiz sondern zum Ernst nehmen.

5. Gefühlt hatten die Veranstalter mehr als nur eine statische Kundgebung vor. Es gab immer mal Versuche irgendwie Stimmungen zu erzeugen, damit die Leute vielleicht doch noch irgendwas Widerständiges tun. Die Meisten auf dem Platz hatten aber lieber Lust ohne Masken zu tanzen und immer mal näher zusammen zu rücken. Irgendwie kam es mir so vor, als würden sie eher Party machen wollen. Ich will nichts unterschätzen, aber ich will bei dem Wort Party bleiben. Es war eher eine ausgelassene Partystimmung mit entsprechender musikalischer Untermalung.

Zum Schluss noch eine ordnungspolitische Einschätzung.

Die Thüringer Polizei war mit einem sehr großen Aufgebot vor Ort. Der Domplatz war mit Gittern umstellt und es gab Eingangs- und Ausgangsschleusen. Die Teilnehmer*innen hielten sich im Grunde genommen nicht an Abstände und es hätte mehrere Gründe dafür gegeben, die Kundgebung aufzulösen. Angedroht wurde das hin und wieder auch. Aber die notwendige konsequente Durchsetzung der Corona Schutzmaßnahmen gab es am Ende nicht. Das bleibt bei denen, die diese Corona Party besucht haben leider ja auch hängen.

Es ist leider schlussendlich davon auszugehen, dass sich auf dieser Kundgebung Menschen mit dem Corona Virus angesteckt haben und damit eine weitere Verbreitung in Thüringen und darüber hinaus wieder stattfindet. Das Signal, dass nicht ernsthaft eingeschritten wird bei Verstößen, halte ich für fatal. Das sollte in der Ordnungsbehörde und bei den politisch Verantwortlichen in Erfurt unbedingt für weitere Anmeldungen mitgedacht werden.


Opfer schützen. Neonazitreffpunkte endlich dicht machen und extrem rechte Szene konsequent mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen

2. August 2020
Mobit Broschüre von 2018. Link zum Download im 2. Absatz.

Meine ersten Gedanken und Vorschläge für konkrete Maßnahmen nach den rassistischen Übergriffen durch Kampfsport erprobte Neonazis.

Ich habe in den letzten Wochen sprachlich gelernt, dass es „polizeilich bekannte Szenetreffpunkte von Neonazis“ gibt. Genau vor diesem Einen, im Erfurter Süden befindlichen, „polizeilich bekannten Szenetreffpunkt“ und Kampfsporttrainingslagers der rassistischen Kleinstpartei III. Weg, wurden in der Nacht zum 1. August 3 Menschen aus rassistischen Gründen von 10 oder mehr Faschos überfallen, zusammengeschlagen und teils sehr schwer verletzt. Vor anderthalb Wochen überfielen ebenfalls Kampfsport erprobte Neonazis eine Gruppe junger Menschen an der Staatskanzlei und prügelten auch hier die Menschen solange kaputt, bis diese krass verletzt, reif fürs Krankenhaus waren. Alles in Erfurt. Und alles mit dem Begriff „polizeilich bekannte ….“ versehen. Das wirft einige Fragen auf.

Wie kann es polizeibekannte Szenetreffpunkte von Neonazis geben? Wieso werden solche Treffpunkte geduldet? Genau in solchen Orten trainieren Neonazis doch für solche rassistischen Angriffe. Diese Fragen stellt die Zivilgesellschaft seit Jahren, nicht nur in Erfurt. Auch in anderen Teilen Thüringens gibt es „polizeilich bekannte Treffpunkte gewaltbereiter Neonazis“. Unter anderem unsere Berater*innen von Mobit e.V. also der Mobilen Beratung gegen Rechts in Thüringen, verwiesen mehrfach schon auf die Gefährlichkeit von immer mehr gekauften Immobilien, welche der Neonaziszene als geschützte Treffpunkte dienen. In Thüringen gibt es davon besonders viele. Nachzulesen in der Broschüre von Mobit e.V. „Nach den rechten Häusern sehen“.

Und was nun? Ich persönlich erwarte, dass nach diesen wiederholten rassistischen Übergriffen alle polizeilich bekannten Neonaziszenetreffs für immer geschlossen werden. Es darf keine geduldeten Neonazikampfsporttreffpunkte geben. Damit muss endlich Schluss sein. Der Staat muss handeln und den Faschos die Grenzen aufzeigen. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. In Erfurt genauso wie in Süd- West- Nord oder Ostthüringen.

Konkrete erste direkte Maßnahmen könnten sein:

1. Haftbefehle gegen die Täter von Erfurt erlassen um damit die Opfer zu schützen. Opferschutz muss absolute Priorität haben.

2. Treffpunkt des III. Weges am Herrenberg in Erfurt aufgrund der rassistischen Übergriffe und mit der Begründung weitere Straftaten zu verhindern, dicht machen und versiegeln lassen. Außerdem verdachtsabhängige Durchsuchung der Lokalität auf Waffen, Drogen und weitere verbotene Gegenstände.

3. Wöchentliche Durchsuchungen aller bekannten Neonaziszenetreffpunkte auf Waffen oder Drogen oder weitere verbotene Dinge. Sofortige Schließung und Versiegelung der Häuser bei Straftaten oder wenn Bedrohungen vom jeweiligen Ort ausgehen.